Wo wird Terraristik betrieben?
Die Haltung von Amphibien und Reptilien in Terrarien kann, wie zuvor ausgeführt, sehr unterschiedlichen Zwecken dienen und aus sehr unterschiedlichen Gründen betrieben werden. Terraristik kann daher sowohl zweckfreie Liebhaberei sein als auch wichtige wissenschaftliche Methode. Terraristik wird vor allem hier betrieben:
Private Tierhaltung
Ähnlich wie Aquaristik ist Terraristik ein Hobby, das von vielen Menschen als sinnvolle und erbauliche Freizeitbeschäftigung zu Hause praktiziert wird. Ein Terrarium im Wohnzimmer kann ein ästhetischer Genuss sein, sodass hier neben der Begeisterung für die Tiere (und Pflanzen) auch der Schauwert eine wichtige Rolle spielt. Oft überwiegt aber die Leidenschaft für die Tiere an sich, und das Terrarium oder ganze Terrarienanlagen werden in speziell dafür hergerichteten Hobbyräumen betrieben. Neben der Freude an der Haltung tätigen private Tierhalter häufig auch Beobachtungen und sammeln Daten, die sie später der Wissenschaft zur Verfügung stellen oder selbst publizieren. Auch tragen sie durch Nachzucht zum Erhalt von Tierarten bei.
Zoos und Schauanlagen
Terrarien werden in Zoos und anderen Schauanlagen regelmäßig zur Präsentation von Amphibien und Reptilien betrieben. Hier steht meist die Präsentation im Vordergrund, um dem Besucher zu ermöglichen, die gehaltenen Tiere in möglichst attraktiver Umgebung zu betrachten. Immer stärker in den Vordergrund rückt aber auch der Artenschutz, der moderne Zoos von der reinen Schautierhaltung unterscheidet. Die in den Terrarien gehaltenen Individuen fungieren gleichsam als Botschafter ihrer oft bedrohten Lebensräume in den natürlichen Verbreitungsgebieten und sollen die Besucher für diese Umweltproblematik sensibilisieren. Wie auf einer Arche werden vom Aussterben bedrohte Tierarten gehalten und nachgezüchtet, um sie für die Nachwelt und für mögliche Auswilderungsprogramme zu erhalten. Viele Zoos sind wissenschaftlich geführt oder arbeiten mit Wissenschaftlern und Privathaltern zusammen, sodass Terraristik hier auch wissenschaftlichen Zwecken dient.
Wissenschaftliche Einrichtungen
An Universitäten und Forschungsinstituten wird die Terraristik häufig als Methode eingesetzt, um mit Amphibien und Reptilien arbeiten zu können. Sei es, um mit diesen Tieren in verschiedenen Forschungsfeldern arbeiten zu können – z. B. Genetik, Physiologie –, sei es als Modell- oder Versuchstiere, oder sei es direkt für Verhaltensstudien. Klassische Labortiere sind etwa Großer Krallenfrosch (Xenopus laevis) und Axolotl (Ambystoma mexicanum).
Artenschutzeinrichtungen
Die kritische Bedrohungslage vieler Amphibien und Reptilien macht es oft erforderlich, zum Schutz der betroffenen Arten diese Tiere in menschlicher Obhut zu halten und zu vermehren, ganz oder zeitweise. Viele Amphibien- und Reptilienarten werden heute zur Unterstützung von Artenschutzprojekten im Terrarium vermehrt, manche können auch momentan nur noch in menschlicher Obhut überleben. Der häufig gehaltene Axolotl beispielsweise ist in der Natur vermutlich bereits ausgerottet. Bei anderen Arten werden Techniken der Terraristik angewendet, um die Bestände zu unterstützen und die Zahl der Tiere zu erhöhen, indem etwa Elterntiere der Natur entnommen werden, die dann in menschlicher Obhut ihre Gelege absetzen. Die Eier werden künstlich unter idealen Bedingungen inkubiert, um so höhere Schlupfraten als in der Natur zu erzielen, die Elterntiere (und je nach Zweck auch die Jungtiere) werden wieder ausgesetzt („Ranching“). Oder die gegenüber Fressfeinden besonders anfälligen Jungtiere werden zunächst eine Zeitlang im Terrarium aufgezogen, bis sie groß genug sind, um mit höherer Überlebenswahrscheinlichkeit wieder in die Natur entlassen zu werden („Headstarting“). Terraristische Methoden dieser Art haben beispielsweise bei Krokodilen, Riesenschildkröten, asiatischen Wasserschildkröten oder Wirtelschwanzleguanen zu großen Erfolgen geführt und erheblich dazu beigetragen, die Ausrottung vieler Arten zumindest vorerst zu verhindern.
Wirtschaft
Aus Amphibien und Reptilien gewonnene Produkte werden weltweit kommerziell gehandelt. Als Lebensmittel (z. B. Froschschenkel, Krokodil-, Schlangen- und Leguanfleisch, „Bushmeat“), in der traditionellen Medizin und z. B. verarbeitet in Lederprodukten. Dafür werden Tiere nicht immer aus der Natur entnommen, sondern teilweise auch gezielt gezüchtet. Dabei kommen auch aus der Terraristik gewonnene Erkenntnisse zum Einsatz. Wenn die Elterntiere in kommerziellen Einrichtungen gehalten werden, um Nachkommen zu erzielen, die vermarktet werden sollen, nennt man das „Farming“ (im Unterschied zum „Ranching“ oder dem „Headstarting“, siehe oben). Auch „Ranching“ wird zu kommerziellen Zwecken eingesetzt. Beispiele für Farming sind Einrichtungen, in denen Krokodile, Wasserschildkröten, Frösche oder Grüne Leguane gezüchtet werden. Ein bekanntes Beispiel für Ranching sind afrikanische Betriebe, die Königspythons für den Export durch diese Technik gewinnen.
Schulen und Kindergärten
Terrarien in Schulen und Kindergärten erlauben Kindern eine Annäherung an Amphibien und Reptilien. Sie helfen, Ängste vor diesen Tieren abzubauen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Sie vermitteln Verständnis und Faszination für Tiere und vermitteln Wissen über sie. Auch konnte vielfach nachgewiesen werden, dass der Umgang mit Tieren sich positiv auf die Entwicklung und die Psyche von Kindern auswirkt. Die Möglichkeiten reichen von einzelnen Terrarien bis hin zu ganzen Schulvivarien, die auf zooähnliche Weise einerseits allen Schülern der betreffenden Einrichtung einen Einblick in das Artenspektrum der Amphibien und Reptilien sowie ihre Verhaltensweisen ermöglicht, und andererseits den meistens in Arbeitsgemeinschaften organisierten die Tiere pflegenden Schülern intensive Kenntnisse über und praktischen Umgang mit diesen Arten lehren. Zusätzlich werden grundlegende soziale Kompetenzen wie z. B. das Übernehmen von Verantwortung, Verlässlichkeit und Zusammenarbeit gestärkt.
Umweltbildungseinrichtungen
Terrarien werden regelmäßig eingesetzt, um beispielsweise Besucher über die Tierwelt eines Schutzgebietes zu informieren oder in Museen zusätzliches Wissen zu vermitteln.
Tierschutz
Auch Tierheime und Auffangstationen müssen mit terraristischen Methoden arbeiten, um etwa verletzte Amphibien und Reptilien gesund zu pflegen, um beschlagnahmte oder versehentlich verschleppte Tiere unterzubringen und natürlich um Tiere aus anderen Haltungen aufzunehmen, die von ihren Vorbesitzern aus welchen Gründen auch immer nicht mehr versorgt werden.