Leitfaden Artenschutz – Teil 1: die Bundesartenschutzverordnung
Hinweise zum Umgang mit artgeschützten Tieren in der Terraristik – Teil 1
von Oliver Witte*
Immer wieder kommt es zu Problemen, wenn es um den Kauf von artgeschützten Reptilien und Amphibien geht.
Insbesondere ergeben sich Schwierigkeiten, wenn Herkunftsnachweise nicht ordnungsgemäß, nur unvollständig oder – im schlimmsten Fall – gar nicht vorhanden sind.
Die Folgen sind u. U. Beschlagnahmung oder Einziehung der Tiere durch die zuständigen Behörden.
Um dies zu vermeiden, sollte der Käufer eines artgeschützten Tieres ein paar Dinge beachten:
Überblick
Als wichtigstes Gesetz ist die Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) zu nennen. Die Bundesartenschutzverordnung wurde auf Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) erlassen und regelt den Schutz wildlebender Tier- und Pflanzenarten. Bundesnaturschutzgesetz und Bundesartenschutzverordnung zählen innerhalb der Rechtssystematik zur Rechtsmaterie Umweltrecht und sind somit dem Rechtsgebiet des Verwaltungsrechts zuzuordnen. Da beide Vorschriften bei Verstößen sowohl bußgeld- wie auch strafbewährte Sanktionen beinhalten, gelten sie zudem als sogenannte Nebengesetze des Strafrechts.
Die Bundesartenschutzverordnung erweitert und verschärft zudem den Artenschutz, der EG-Verordnung der Europäischen Gemeinschaft (Verordnung (EG) Nr. 338/97). Mit dieser Verordnung wurde in allen EG-Mitgliedsstaaten das Washingtoner Artenschutzabkommen in Kraft gesetzt.
Neben den einzelnen Paragrafen (insgesamt 17) beinhaltet die Bundesartenschutzverordnung insgesamt sieben (7) Anlagen.
Die für den Terrarianer wichtigsten Anlagen hiervon sind:
- Anlage 1 (Schutzstatus wild lebender Tier- und Pflanzenarten
- Anlage 4 (Muster für das Aufnahme- und Auslieferungsbuch)
- Anlage 5 (Von der Anzeigepflicht ausgenommene Arten)
- Anlage 6 (Kennzeichnungsmethoden)
Nachfolgend erläutern wir, wie Sie mit artgeschützten Tieren hinsichtlich Dokumentation, Meldepflicht und Nachweispflicht verfahren sollten, um Schwierigkeiten mit den zuständigen Behörden zu vermeiden.
1. Vor dem Kauf
a) Zählt das Tier, welches ich mir anschaffen möchte, zu einer geschützten Art?
Hier bietet es sich an, bereits VOR dem Kauf entsprechend zu recherchieren. Die einfachste Möglichkeit ist es, sich mit der jeweils zuständigen Behörde (z. B. Untere Landschaftsbehörde, Bundesamt für Naturschutz) in Verbindung zu setzen. Diese erteilt Auskunft, ob eine Art geschützt ist und ob eine Meldepflicht oder eine Nachweispflicht besteht.
Die für Sie zuständige Behörde können Sie, sofern Ihnen diese nicht bekannt ist, ganz einfach über eine Suchmaschine im Internet ermitteln – geben Sie hierzu einfach den Namen Ihrer Stadt und das Stichwort „Artenschutz“ ein (z.B. München, Artenschutz).
Ob eine Tierart zu den geschützten Arten zählt, kann auch im Informationssystem WISIA recherchiert werden (http://www.wisia.de/).
b) Weiterhin sollten Sie in Erfahrung bringen, ob die von Ihnen ausgewählte Art der Kennzeichnungspflicht unterliegt. Die Arten, die kennzeichnungspflichtig sind (Transponder bzw. Fotodokumentation) finden sich in Anhang 6 der BArtSchV. Auch hierüber erteilt Ihnen die Behörde Auskunft. Auskünfte über die Kennzeichnung erhalten Sie zudem beim Bundesverband für fachgerechten Natur- und Artenschutz e.V. (BNA) (https://www.bna-ev.de).
Setzen Sie sich nach Möglichkeit schon vor dem Kauf mit dem Verkäufer in Verbindung und lassen Sie sich die ggf. erforderlichen Papiere (z.B. Herkunftsnachweis, Zuchtbeleg, EU-Bescheinigung) in Kopie zukommen und lassen Sie diese von Ihrer Behörde prüfen. So lassen sich Schwierigkeiten bereits im Vorfeld vermeiden.
2. Meldeplicht / Nachweispflicht
Generell sind alle Arten der Anhänge A und B der EG-Verordnung Nr. 338/97 sowie Arten des Anhang IV FFH-Richtlinie und der Anlage 1 BArtSchV meldepflichtig! Dies bedeutet, dass Sie den Erwerb (Haltung), Abgabe oder Tot der zuständigen Behörde melden müssen. Eine Ausnahme gilt für wenige geschützte Arten der Anlage 5 BArtSchV. Diese Arten unterliegen nicht der Meldepflicht sondern der Nachweispflicht: hierzu zählen u.a. Vogelspinnen der Gattung Brachypelma, Grüner Leguan, Abgottschlange, Kaiserboa, Axolotl. sie unterliegen aber der Nachweispflicht. Dies bedeutet, dass Sie der zuständigen Behörde auf Verlangen die legale Herkunft nachweisen müssen.
3. Dokumente
Für alle Arten des Anhangs A der EG-Verordnung Nr. 338/97: EG-Bescheinigung (gelb)
Für alle Arten des Anhangs B der EGVerordnung Nr. 338/97 und Arten des Anhangs IV FFH-Richtlinie sowie der Anlage 1 BArtSchV z.B.: CITES-Bescheinigung (blau), Kaufvertrag, Abgabebescheinigung, Nachzuchtbestätigung, Einfuhrnummer, Meldebescheinigung, Registrierungsnummer.
a) EG-Bescheinigung (gelb):
Nachfolgend ein Muster einer EG-Bescheinigung für eine nach Anhang A der EG-Verordnung geschützte Art mit Fotodokumentation (hier: Südl. Madagaskar-Boa) – einige Daten wurden aus Datenschutzgründen unkenntlich gemacht:
Sofern zur Identifikation des Tieres keine Fotodokumentation erfolgte, so ist für das Tier, wenn in Anlage 6 der BArtSchV aufgeführt, eine Transponder-Nummer aufzuführen.
b) Herkunftsnachweis, Zuchtbeleg, Kaufvertrag, Abgabebescheinigung
Für Herkunftsnachweise u.ä. Bescheinigungen gibt es keine gesetzliche Vorschrift darüber, wie diese gestaltet sein müssen. Einige Behörden und Fachverbande stellen aber Muster zur Verfügung – auch diese sind allerdings nicht unbedingt einheitlich.
Die größte Problematik besteht häufig darin, dass derartige Bescheinigungen nur unzureichend ausgefüllt sind. Alleine die Angabe „Verkäufer“, „Käufer“ und „Anzahl und Art“ des Tieres ist in der Regel nicht ausreichend. Auch ist zu beachten, dass in manchen Ländern der EU keine Meldepflicht für Arten des Anhang B der EG-Verordnung besteht (z.B. Tschechien).
Seriöse Züchter führen ein Zucht-/Bestandsbuch. Sie können somit die Herkunft der Tiere und auch der Elterntiere nachweisen.
Gleiches gilt für Händler – auch diese unterliegen einer Buchführungspflicht hinsichtlich geschützter Arten.
Gerade auf einschlägigen Börsen verkaufen immer wieder Händler / Züchter aus anderen EU-Staaten artgeschützte Tiere. Zwar spricht nichts dagegen, bei solchen Händlern / Züchtern ein Tier zu erwerben – Sie sollten allerdings unbedingt darauf achten, dass Sie ordnungsgemäß ausgefüllte Dokumente erhalten. Sind die Herkunftsnachweise nicht ordnungsgemäß ausgefüllt und die Herkunft des Tieres kann nicht genau ermittelt werden, so müssen Sie ggf. mit Beschlagnahme oder Einziehung der Tiere rechnen. Gleiches gilt natürlich auch für Händler / Züchter aus Deutschland.
Nachfolgend finden Sie Beispiele für ordnungsgemäß ausgefüllte Herkunftsnachweise:
aa) Herkunftsnachweis von einem gewerblichen Händler für einen Königspython. In diesem Beispiel hat der Händler das Tier von einem Züchter erworben.
bb) Beispiel für einen Herkunftsnachweis für ein Nachzuchttier (Pantherchamäleon) eines privaten Züchters. Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Elterntiere (und deren Herkunft) genannt werden!
Gerade bei Züchtern aus dem EU-Raum sollte immer die Herkunft der Elterntiere dokumentiert werden, um Schwierigkeiten zu vermeiden.
Fehlen die Angaben zu den Elterntieren, so wird die Behörde unter Umständen Zweifel an der legalen Herkunft des Tieres hegen. Häufig führt dies zur Beschlagnahmung oder gar Einziehung der Tiere.
Seriöse Züchter und Händler haben kein Problem, Ihnen die notwendigen Angaben zu machen.
Stammt das Tier von einem Händler und handelt es sich dabei nicht um eine eigene Nachzucht des Händlers, sondern um Nachzuchten, welche der Händler selber von einem Züchter aufgekauft hat, so muss er Angaben zum Züchter nur der Behörde gegenüber machen. Dies sollte, wie im Beispiel 1, entsprechend auf dem Herkunftsnachweis vermerkt werden.
cc) Beispiel einer Herkunftsbescheinigung von einem Händler über ein Pantherchamäleon. In diesem Fall handelt es sich um ein Importtier.
Bei Arten, die in Anlage 6 der BArtSchV aufgeführt sind, gehört auch eine Fotodokumentation mit zu den Unterlagen.
dd) Probleme
Nicht ordnungsgemäß oder nur unvollständig ausgefüllte Herkunftsnachweise können den künftigen Halter vor immense Probleme stellen: die Behörde kann, sofern sie Zweifel an der legalen Herkunft der Tiere / des Tieres hat, diese beschlagnahmen und einziehen. Unter Umständen riskieren Sie auch ein Bußgeld und müssen ggf. auch für die Unterbringung der Tiere aufkommen.
Bitte denken Sie dran: Sie müssen als Halter des Tieres die legale Herkunft beweisen – nicht die Behörde muss Ihnen beweisen, dass die Tiere legal sind. Lässt sich die Herkunft eines artgeschützten Tieres nicht eindeutig belegen, so geht die Behörde davon aus, dass das Tier illegal in den Handel gelangt ist (Handel ist hier jede Art von Weitergabe / Kauf / Tausch / Schenkung – egal ob privat oder gewerblich).
Lassen Sie sich die Herkunftsnachweise immer vor dem Kauf zeigen! Haben Sie Zweifel, ob die darauf gemachten Angaben ordnungsgemäß sind oder stellen Sie fest, dass wichtige Angaben fehlen, nehmen Sie Abstand vom Kauf!!!! Am Ende sind nämlich erst einmal Sie der Dumme!
4. Nach dem Kauf
Sofern die von Ihnen erworbene Tierart MELDEPFLICHTIG ist, melden Sie diese bei Ihrer zuständigen Behörde an. In der Regel beträgt die Frist hierfür 14 Tage. Legen Sie die KOPIEN der Herkunftsnachweise der Meldung bei. Manche Behörden nutzen für die Meldung vorgegebene Formulare. Erkundigen Sie sich vorab, ob dies bei Ihrer Behörde der Fall ist. Senden Sie keine Originale. Ob eine Meldung auch per Email möglich ist, klären Sie bitte im Vorfeld mit der Behörde ab. Sie können auch persönlich zu Ihrer Behörde gehen.
Beachten Sie: Die Behörde muss Ihnen NICHT bescheinigen oder bestätigen, dass Sie ein Tier gemeldet haben! Hierzu besteht keinerlei gesetzlich Pflicht! Bewahren Sie daher sämtliche Belege gut auf!
Manche Behörden bestätigen trotzdem die Meldung eines Tieres (obwohl hierzu keine Verpflichtung besteht). Hier ein Beispiel für eine solche Meldebestätigung:
Handelt es sich um eine geschützte Art, die nicht meldepflichtig ist, aber nachweispflichtig, so heben Sie ebenfalls alle Dokumente gut auf. Diese haben Sie der Behörde auf Verlangen vorzulegen. Achten Sie auch bei Tieren, die nicht meldepflichtig sind, unbedingt darauf, dass die Herkunftsbescheinigungen korrekt ausgefüllt sind.
Geben Sie ein Tier ab, oder verstirbt dieses, so ist dies auch der zuständigen Behörde anzuzeigen. Gleiches gilt für Nachzuchten von artgeschützten Tieren (also, wenn Ihre Tiere Nachwuchs bekommen haben).
Bei der Abgabe von artgeschützten nachweispflichtigen, aber nicht meldepflichtigen Arten geben Sie dem Käufer eine von Ihnen ausgefüllte Herkunftsbescheinigung und eine Kopie der Bescheinigung, die Sie beim Erwerb erhalten haben.
Verstirbt ein Tier, das artgeschützt und nachweispflichtig aber nicht meldepflichtig war, so dokumentieren Sie dies am besten (mit Foto) auf der Herkunftsbescheinigung und bewahren Sie diese auf.
5. Was die Behörde noch verlangen kann
Auch privaten Haltern und Züchtern kann der Nachweis der Sachkunde auferlegt werden. In einem solchen Fall sollten Sie mit Ihrer Behörde sprechen. In der Regel reicht der Nachweis einer Sachkundeprüfung gem. § 2 TierSchG eines anerkannten Fachverbandes. Auch dies sollten Sie VORAB mit Ihrer Behörde besprechen.
Als privater Züchter geschützter Arten wird Ihnen in der Regel das Führen eines Bestands- / Zuchtbuches auferlegt. Dieses sollten Sie unbedingt ordnungsgemäß führen.
6. Was muss sonst noch beachtet werden
Handelt es sich bei dem / den artgeschützten Tier(en) um Arten, die zu den „Gefahrtieren“ zählen (Giftschlangen, etc.), sollten Sie auch diesbezüglich vorab mit Ihrer Behörde Kontakt aufnehmen. Einige Bundesländer haben Gesetze erlassen, die das Halten sogenannter „gefährlicher Tiere“ regelt. Diese Regelungen sind den Polizei- und Ordnungsgesetzen zuzuordnen. In zwei Bundesländern sind derartige Regelungen aber dem Naturschutzgesetz zugeordnet. Die Haltung derartiger Tiere ist zumeist von Ausnahmegenehmigungen abhängig. Auch sind, je nach Bundesland und Regelung, noch weitere Anforderungen (z.B. Nachweis Haftpflichtversicherung, Sachkunde, gesonderte Räume) zu erfüllen.
Alles klar? Dann viel Freude mit dem neuen Pflegling!
Und denken Sie dran – lieber vorher fragen! Hinterher ist es meist zu spät.
Haben Sie Fragen zum Thema?
Dann kontaktieren Sie mich gerne per Email: witte@dght.de
*Der Verfasser ist Fachbeirat für Sachkunde, Terraristik und Justiziar der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) e.V.